Die Blütezeit der Wikinger
Nachdem die Wikinger im Laufe der Jahrzehnte nach und nach ihre Kenntnisse in Sachen Schiffsbau und Seefahrt perfektioniert hatten, konnten sie ihr Einflussgebiet immer weiter ausbauen. Mit dem Überfall auf das Kloster Lindisfarne im Jahr 793 n. Chr. wird allgemein der Beginn der Wikingerzeit angesetzt, deren Grobdatierung in die Zeitspanne zwischen 800 und 1050 n. Chr. fällt. Mehr und mehr konnten in den Folgejahren und -jahrzehnten die Macht- und Herrschaftsverhältnisse ausgeweitet werden und die skandinavischen Stämme von tapferen und unerschrockenen Seefahrern erwarben sich einen Ruf, den die Segel ihrer gefürchteten Schiffe über die Weltmeere weit über ihre Landesgrenzen hinaus trugen.
Ausbau der Überfälle und Plünderungen
Auf die Plünderung des Klosters Lindisfarne folgten in den weiteren Jahren einige weitere Überfälle, deren Ziele vor allem in den keltischen Gebieten lagen: So wurden im Jahr 794 n. Chr. Jarrow und Monkwearmouth überfallen, im Jahr darauf, 795 n. Chr. galten die räuberischen Übergriffe Rechru, Skye und Iona. Ab 799 n. Chr. wurden die Plünderungen auf die friesisch-sächsische Küste ausgeweitet und galten als derart gefährlich und bedrohlich, dass sich Karl der Große zur Errichtung einer Küstenwache veranlasst sah. Nach und nach hatten die Stämme der Wikinger ihre Überfälle derart routiniert, dass sie dabei nach einem bestimmten Schema vorgingen: Im Frühjahr griffen sie ihre Ziele an, im Winter hingegen kehrten sie nach Hause an die heimischen Küsten zurück.
Die Wikinger
Bei den Wikingern handelt es sich trotz des gemeinsamen Namens und der allgemein beherrschten Kriegs- und Überfalltaktik nicht um einen einzelnen Volksstamm, sondern um eine Sammelbezeichnung für diverse skandinavische Stämme, die sich vor allem durch ihre Kenntnisse und ihre Erfolge im Bereich der kriegerischen Seefahrt hervortaten. So kann man beispielsweise zwischen den dänischen, den norwegischen und den schwedischen Wikingern unterscheiden, die in den Blütejahren der Wikingerzeit verschiedene Fahrten und Raubzüge vornahmen, um ihrem Volk zu Reichtum und Ausweitung und Befestigung seiner Vormachtstellung zu verhelfen.
Die dänischen Wikinger
Die dänischen Wikinger wurden auch "das große Heer" genannt. Jahr für Jahr plünderten sie die nahe gelegenen Städte des Frankenreichs, dehnten ihre Raubzüge aber nach und nach immer weiter aus. So drangen sie im Jahr 844 bis nach Asturien und Portugal vor, zwischen 859 und 862 galten ihre Überfälle gar der Provence und der Toskana. Nachdem sie aus den südlichen Gebieten zurückgekehrt waren, richteten sie ihre Segel gen England aus und unterwarfen dort Northumberland und East Anglia. Dabei konnten die Wikinger mit nur geringem Widerstand seitens der unterdrückten und eroberten Gebiete rechnen, da kaum jemand der Flotte der Wikinger etwas entgegenzusetzen hatte.
Die norwegischen Wikinger
Auch die norwegischen Wikinger bauten im 8. Jahrhundert nach Christi Geburt ihre Herrschafts- und Machtverhältnisse weiter aus und griffen auf fremde Gebiete über, die sie besetzten und eroberten. So erkämpften sie sich erst die Shetland- und die Orkney-Inseln, danach die Färöer, die Hebriden und schließlich Irland. Im Jahr 872 schließlich wurde Norwegen den Harald Schönhaar zur Einigung gebracht und viele Norweger verließen ihre Heimat, um ab 874 in Island zu siedeln, das erst vierzehn Jahre zuvor, im Jahr 860, entdeckt worden war.
Erst im Jahr 930 jedoch wurde der Landnahmezeit mit Recht und Thing ein Ende gesetzt.
Die schwedischen Wikinger
Während die dänischen Wikinger ihre Fahrten und Plünderungen vor allem gen Süden richteten und sich Gebiete in England unterwarfen und die norwegischen Wikinger sich hauptsächlich Inseln widmeten, unternahmen die schwedischen Seefahrerstämme vor allem Beute- und Raubzüge in den osteuropäischen Raum. Dort schlossen sie sich mit slawischen und finnischen Stämmen zusammen, die nach ihnen gerufen hatten.
Blüte des Handels
Die Blüte der Wikingerzeit war jedoch nicht nur durch kriegerische Auseinandersetzung und gewaltsame Landnahme geprägt. Da Güteraustausch und Handel zur Lebenszeit der Wikinger vorherrschend auf hoher See stattfanden, konnten sich die erfahrenen und kenntnisreichen Seefahrer nach und nach auch in diesem Bereich eine Vormachtstellung sichern. Während noch im 8. und 9. Jahrhundert der Handel im Mittelmeerraum und im Orient vor allem in jüdischer, in Europa vorrangig in friesischer Hand lag, fand durch das beziehungsreiche und hervorragend ausgebaute Handelsnetz der Wikinger nach und nach eine Ablösung statt. Die Wikinger handelten vor allem mit den Griechen und den Afghanen und konnten wertvolle Güter anbieten, beispielsweise handelten sie mit Schmuck aus Edelmetallen und kostbaren und wärmenden Pelzen, aber auch mit Menschen. Die Sklaven, die von den Wikingern im Handel angeboten wurden, stammten vor allem aus baltischen, slawischen und finnischen Gebieten.
Erst gegen 1050 versiegte der Handel der Wikinger nach und nach.
Reichtum und kulturelle Blüte
So hatten es die verschiedenen Stämme der Wikinger von einem wilden Seefahrervolk nach und nach zu einer Vormachtstellung und einem gut ausgebauten Handelsnetz gebracht, das ihnen Reichtum und Macht sicherte und ihren verschiedenen Stämmen zu kultureller Blüte verhalf.
Zwischen 800 und 1050 fand diese Blütezeit der Wikinger statt, in denen die hervorragend ausgerüsteten Drachenschiffe der unerschrockenen Nordmänner auf allen Meeren segelten und weit über die Grenzen ihres Einflussgebietes hinaus bekannt und gefürchtet waren.